Hilfe, ich bin gestresst – ab ans Meer!

Der 1807 von den Dänen erbaute Leuchtturm auf der „Bülker Huk“ in der Kieler Förde bei Strande // Foto: MeerART

Wenn wir dem Alltagsstress entfliehen möchten, fahren wir in der Regel ans Meer. Egal ob Nord- oder Ostsee, einfach mal wieder abschalten und die Seele baumeln lassen. Wir geben uns dem Meeresrauschen hin, ja sogar das Gekreische der Möwen wirkt wie eine Wohltat. Obwohl auch laut, empfinden wir dies im Gegensatz zu Straßenlärm oder anderem von Menschen gemachtem Lärm, als sehr angenehm.

Das kennt ihr doch bestimmt auch, oder? Wir leben noch nicht einmal in einer Großstadt, doch trotzdem ist es anstrengend, wenn wir gemütlich bei einem Glas Wein auf der Terrasse sitzen, dabei nette Gespräche führen möchten und ständig gegen den Straßenlärm anreden müssen. Das stresst und nervt!

Möwen sitzen auf im Wasser liegende Steine an einem Strandabschnitt an der Ostsee // Foto: MeerART

Ob Sommer, Herbst oder Winter, egal ob Rasenmäher, elektrische Heckenschere, Laubbläser oder sonst was für Geräte, alle sind heutzutage motorisiert, laut und in Kombination sogar echt nervtötend. Mich/uns macht das sogar teilweise richtig aggressiv. Also Flucht zum Meer. Um so schrecklicher finde ich es, dass  ausgerechnet da Lebewesen, wie dem Schweinswal, das Leben zur Hölle gemacht wird. Während wir uns also ans Meer setzen und der vermeintlichen Stille lauschen, sind Unterwasser vermutlich haufenweise Schweinswale ebenso genervt.oder sogar auf der Flucht wie wir.

Schweinswale leben in einer akustischen Wasserwelt. Die Fähigkeit zu hören ist für sie die Schlüsselfunktion zum Überleben, ihr Gehör denn sie dient der Nahrungssuche ebenso wie der Orientierung. Doch auch sie leiden unter dem von Menschen gemachtem Lärm. Auch die Verschmutzung durch Öl oder Chemikalien bedroht ihre Lebenswelt. Durch den Mensch verursachten Schmutz, Müll und Lärm in den Meeren bedrohen wir immer mehr die so wichtigen Lebensräume.

Motorboot im Hafen von Laboe und im Hintergrund die Ostseefähre „COLOR FANTASY“ // Foto: MeerART

Aber was für Lärm ist das? Wir fühlen uns doch eigentlich ganz wohl am Meer!

Es ist Lärm, der von Power-Sonaren der Militärs ausgeht oder seismische Untersuchungen zur Erschließung von Öl- und Gasvorkommen auf dem Meeresgrund, die Industrie, sogar die zunehmende Schifffahrt sorgen für einen unglaublichen Lärm im Meer. Zukünftig kommen noch die unzähligen Windkraftanlagen hinzu. Neue und saubere Energie ist super, aber auf dem Land wollen wir Menschen die Windräder auch nicht haben, weil sie viel zu viel Lärm machen. Zudem ist der Bau mit massivem Lärm verbunden. Durch Rammung wird die Trägerkonstruktion in den Meeresboden getrieben. Genau dieses Verfahren kann unserer einzigen heimischen Walart, dem Schweinswal, zum Verhängnis werden. Das gleiche gilt auch für den Tunnelbau unter Wasser, wie z. B. bei der geplanten Fehmarnbeltquerung.

Es macht mich total traurig, wenn ich darüber nachdenke, dass all die Annehmlichkeiten, die wir im Alltag so genießen, anderen Lebewesen das Leben zur Hölle machen. Genau wie bei uns Menschen kann Stress auch bei Tieren zu physischen oder psychischen Schäden führen. Für einen Schweinswal bedeutet es z. B. Stress, wenn er aufgrund der Lärmbelastung bestimmte Gebiete meiden muss oder sich nicht richtig mit Artgenossen verständigen kann. Auch Feinde oder Gefahren werden leichter überhört. Außerdem ist er anfälliger für Krankheiten. Sogar verringerte Überlebenschancen einzelner Tiere können Folge von Stress sein, wenn dadurch Leiden wie Arteriosklerose und Probleme im Magen und Verdauungstrakt entstehen. Unsereiner schmeißt sich ein Pillchen ein. Die Zahl toter Schweinswale, die entlang der deutschen Ostseeküste angeschwemmt werden, ist dramatisch hoch. Für die letzten 300 Tiere der zentralen Ostsee geht es ums Überleben.

Sicherlich können wir den modernen Lauf er Zeit nicht mehr aufhalten, dennoch müssen wir nicht alles akzeptieren. Das Meer ohne Schiffe ist undenkbar und auch Windkraftanlagen sind wohl für eine gesündere Energiegewinnung nicht mehr wegzudenken. Was können wir also tun? Wir können uns stark machen für Schutzgebiete, in die sich die Tiere genauso vor dem stressigen Alltag zurück ziehen können wie wir es tun. Wir können uns dafür stark machen, dass bereits ausgewiesene Schutzgebiete auch als solche behandelt werden und es nicht plötzlich doch seismische Untersuchungen oder Bohrungen gibt.

Die Population der zentralen Ostsee gilt als akut vom Aussterben bedroht. Zumindest in ausgewiesenen Schutzgebieten müssen sie sicher vor Fischernetzen und Unterwasserlärm sein.

Und wir können beim Entspannen am Meer ab und an mal darüber nachdenken, dass wir nicht die Einzigen sind, die Ruhe am und im Meer suchen. 🙂

Meer, Wohnen & Genießen

Verliebt in den Norden - weil der Norden glücklich macht.

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2 Kommentare zu „Hilfe, ich bin gestresst – ab ans Meer!“

  1. Achim Struckhoff

    Ihr sprecht mir so was von aus der Seele, es gibt nirgends mehr Ruhe, mich macht der Zivilisationslärm auch aggressiv, das „immer mehr“ der Menschheit macht krank – Mensch wie Tier; und wird ohne Rücksicht auf Verluste immer weiter gesteigert! 🙁

    1. Lieber Achim,
      vielen Dank für deinen Kommentar in dieser Angelegenheit. Es ist in der Tat so, dass der ganze Lärm einen aggressiv macht. Rücksicht gibt es nicht, schon gar nicht mehr in der Nachbarschaft. Jeder denkt nur an sich und versucht andere damit noch zu übertönen. Es ist eine kranke, laute Welt in der wir leben. Vor allem ist mittlerweile ja sogar erwiesen, dass der ganze Lärm nicht nur für Stress auch beim Menschen sorgt, es macht auch wirklich krank. Wir für unseren Teil ziehen hier sogar die Konsequenzen und suchen uns gerade eine neue und ruhigere Bleibe. Hoffentlich gelingt das.
      Herzliche Grüße,
      Claudia

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