Nordstrand – Das grüne Herz im Wattenmeer

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART / Ralph Kerpa

Seit unserem Aufenthalt auf Amrum sind wir ganz besonders neugierig auf weitere Inseln an der Nordsee. Doch nicht immer haben wir die Zeit und die Möglichkeit uns gleich wieder ein paar Tage einzuquartieren. Was liegt da also näher, als sich eine Insel auszusuchen, die durch einen Damm mit dem Festland verbunden ist.

Trotz allem lag eine knapp dreistündige Autofahrt vor uns, die es erstmal zu bewältigen galt. Das restliche Drittel der Strecke führte bereits über die Landstraße vorbei an vielen kleinen nordfriesischen Ortschaften. Eine ist mir dabei ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Wobbenbüll liegt etwa fünf Kilometer nordwestlich von Husum direkt an der Nordseeküste. Hier beginnt auch der Damm, der die Insel Nordstrand mit dem Festland verbindet. Selten habe ich auf einem Haufen so viele traumhaft schöne Reetdachhäuser, mit einem noch viel imposanteren Blick auf die Nordsee, gesehen. Eines schöner als das andere – phantastisch.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Nordstrand wird auch gerne als „Das grüne Herz des Wattenmeeres“ genannt. Und das kommt wohl nicht von ungefähr. Egal wohin du blickt, lachen dich saftig grüne Wiesen und Deiche an. Schon beim Überqueren des Dammes fiel mir zur Rechten das Naturschutzgebiet „Beltringharder Koog“ auf. Das Naturschutzgebiet hat eine Fläche von 3.500 Hektar und ist damit das größte in Schleswig-Holstein.

Wir fuhren durch den Elisabeth-Sophien-Koog bis zum Deich. Dort fand auch endlich unser erster Stopp statt. Das tat den steifen Gliedern nach der Fahrt auch mehr als gut.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Beim Aussteigen wurden wir vom Blöken zahlreicher Lämmer begrüßt, die von der Sonne gekitzelt aufgeweckt durch die Gegend sprangen. Schon süß die kleinen Geschöpfe. Ich mag immer gar nicht darüber nachdenken, dass die meisten ihr Erwachsensein niemals erleben. Von dem Gedanken wurde ich aber auch schnell abgelenkt, denn vor uns lag ein phantastischer Blick auf die Nordsee. Die Sicht war heute so klar, dass man die Hallig Nordstrandischmoor ebenso gut erkennen konnte wie die Insel Pellworm. Traumhaft.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Da wir uns noch mitten in der Ringelganssaison befanden, konnten wir teilweise riesige Schwärme von Gänsen über der Hallig beobachten. Ein klasse Spektakel, das jedes Jahr im Frühjahr stattfindet. Dann sind die Tiere nämlich auf dem Weg aus ihren Überwinterungsgebieten in die Brutgebiete und rasten auf den Halligen, um sich für den langen Weiterflug nach Sibirien zu stärken. Einige verirrten sich auch nach Nordstrand, was nicht weiter verwunderlich ist, bei diesem tollen und abwechslungsreichen Lebensraum. Mittendrin verbirgt sich sogar noch ein See – der Holmer See.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Vor der Eindeichung war das ganze Gebiet eine der letzten tiefen Wattenmeerbuchten in Schleswig-Holstein. Eine Naturschutzstation mit dem kleinsten Naturkundemuseum Deutschlands betreut dieses große Naturschutzgebiet an der Westküste. Leider hatte diese schon zu, aber auch von draußen gibt es einige informative Einrichtungen.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Noch um das Jahr 1200 gehörte das heutige Nordstrand zu einer großen eingedeichten Halbinsel, deren Hauptort das legendäre Rungholt war. An Schautafeln wird deutlich, wie dieses Gebiet noch vor den verheerenden Sturmfluten ausgesehen hat. In Zeiten, wo die Medien voll davon sind, dass der Meeresspiegel steigt, wird einem richtig deutlich was es heißt Land zu verlieren. Nordstrand hat, was das angeht, schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Die schlimmste war wohl die Buchardiflut im Jahre 1634. Innerhalb kürzester Zeit wurden 20 Kirchspiele mit 19 Kirchen, 1.332 Häusern und 30 Windmühlen vernichtet. Mehr als 6.400 Menschen starben. Gerade mal 2.633 Menschen überlebten die Katastrophe. Vom Strand blieben nur noch die Inseln Nordstrand und Pellworm sowie die Hallig Nordstrandischmoor übrig. Noch vor dieser Flut hatte Strand eine Fläche von rund 22.000 Hektar, um 1905/06 war das eingedeichte Gebiet nur noch 9.000 Hektar groß.

Wir fuhren die Insel ein Stück weiter mit dem Auto ab. Wer Nordstrand erkundet, dem fallen die katholischen Kirchen und Gemeinden auf. Das liegt vor allem daran, dass Nordstrand nach dieser Sturmflut wirtschaftlich ruiniert und außerstande war, die Deiche aus eigener Kraft wieder aufzubauen.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Verbliebene Einwohner flüchteten auf das höhergelegene Nordstrandischmoor, siedelten auf dem Festland oder wanderten sogar bis in die Niederlande oder die Uckermark aus. Die Überlebenden des östlichen Teils der Insel wären auf obrigkeitliche Hilfe angewiesen gewesen, die jedoch wegen des Dreißigjährigen Krieges ausblieb. Erst als der Gottorfer Herzog Friedrich III. im Jahre 1652 einen Freibrief unterschrieb, um die Insel Nordstrand wieder eindeichen zu lassen, ging es langsam aufwärts. Die katholischen Deichbauer stammten vor allem aus Flandern und Brabant und genossen Religionsfreiheit.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Aber nun genug mit der Zeitreise. Nordstrand ist ein wahres Naturparadies. Am besten man bewegt sich mit dem Fahrrad fort, dann entgeht einem kein noch so kleines Haus oder lauschiges Eckchen, das zum Verweilen einlädt. Besonders imposant ist der Deich, der zur Ortschaft „England“ führt. Die Häuser strahlen Ruhe pur aus und man möchte sich eines sofort zu eigen machen, um den Alltagsstress für immer entfliehen zu können.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Unser nächster Stopp ist auf der anderen Seite der Insel am Südhafen. Der erste Blick fällt wieder auf eine riesige Salzwiesenlandschaft. An diese Vegetation habe ich mein Herz richtig verloren.
Da uns auch ein kleines Hüngerchen überkam, genehmigten wir uns eine kleine Picknick-Pause. Begleitet wurden wir von jeder Menge Vogelstimmen, die sowohl aus dem Hafen, wie auch aus den Salzwiesen zu uns drangen.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Die Sieger bei diesem Konzert waren jedoch die Ringelgänse, die es sich in den Wiesen beim Hafen gemütlich machten. Obwohl das Nahrungsangebot schier unerschöpflich schien, gab es jede Menge Gerangel um die besten Plätze.

Uns zog es weiter. Da wir schon hier oben in der Gegend unterwegs waren, wollten wir unbedingt noch zur Hamburger Hallig.

Impressionen von der eingedeichten Halbinsel Nordstrand in Nordfriesland // Foto: MeerART

Unser Ausflugstipp für euch…

Naturschutzstation Holmer Siel:
Elisabeth-Sophien-Koog
25845 Nordstrand
Tel.: ( 0 48 42 ) 90 01-50

Öffnungszeiten:
Montags – Freitags von 9.00 – 12.00 Uhr
Montags – Donnerstags von 13.00 – 16.00 Uhr

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