Die Sache mit der Zuversicht

Sonnenuntergang an einem Strandabschnitt in Wallnau auf der Ostseeinsel Fehmarn // Foto: MeerART / Ralph Kerpa

Zuversicht ist wichtig, um schwierige Zeiten zu überstehen. Wir brauchen sie, ihr braucht sie. Aber woher nehmen, wenn um einen herum alles zusammenzubrechen scheint?

Ralph und ich haben in den letzten Tagen, Wochen, eigentlich Monaten immer wieder darüber gesprochen, wie wichtig es ist, optimistisch und zuversichtlich zu bleiben. Genau das versuchen wir auch mit unseren Beiträgen auf MeerART oder unseren Posts in den sozialen Netzwerken. Doch auch uns fällt das nicht immer leicht, denn auch wir haben unsere Päckchen zu tragen. Ich muss sogar gestehen, dass ich in den letzten Monaten nicht mehr so aktiv in den sozialen Netzwerken war wie früher. Zum einen, weil es auch mir nicht immer leicht fällt, ständig von positiver Energie umgeben zu sein, zum anderen, weil sich der Ton in den Medien stark verändert hat.

Egal mit wem man spricht, ob Familie, Freunde, Bekannte oder Kunden, alle fühlen sich derzeit gleichermaßen gelähmt, antriebslos, müde, manche sogar hoffnungslos. Die letzten drei Jahre haben uns allen viel abverlangt. Erst die Situation mit Corona, dann der Krieg in der Ukraine und jetzt auch noch die Energiekrise. Inzwischen gibt es Berichte von Professoren, die sagen, dass wir uns in Deutschland in einer manisch-depressiven Phase befinden. Uns allen fehlt die Zuversicht. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Politiker, genau diese zu verbreiten, aber wahrscheinlich sind sie selbst in ihren Ängsten und Sorgen gefangen. Schlimmer noch, viele getroffene Entscheidungen wirken teilweise undurchdacht und wie blinder Aktionismus. Das Gefühl, dass die Politik den Draht zu den Menschen im Land verloren hat, mehrt sich. Zuversicht scheint für unsere Politik eher ein Fremdwort zu sein. Stattdessen verwickeln sie sich in weitere undurchschaubare Verstrickungen. Das verstärkt die Unsicherheit und fördert zusätzlichen Frust. Aber darauf will ich gar nicht weiter eingehen, denn politische Themen halten wir von MeerART grundsätzlich fern.

Mut zur Wahrheit

Und wenn ich ehrlich bin, dann schreibe ich solche Texte in unserem Magazin nicht mehr so gerne, denn inzwischen ist MeerART ein kleines Unternehmen und da will man natürlich bei den Themen bleiben, die zu unserem Portfolio gehören. Ganz ohne geht es manchmal doch nicht, denn wir haben uns geschworen immer ehrlich zu bleiben und das geht nur, wenn wir uns nicht verstellen müssen.

In den letzten Tagen und Wochen habe ich mit vielen aus unserem Netzwerk Kontakt gehabt, die vor demselben Problem stehen. Auch sie möchten lieber Zuversicht verbreiten, als sich von den Sorgen und Ängsten – seien es die eigenen oder die der anderen – auffressen zu lassen.

Wir sind uns alle einig, dass man Zuversicht nur verbreiten kann, wenn man ehrlich zu sich selbst ist. Dazu gehört aber auch, offen mit den Dingen umzugehen, die einen belasten. Und genau das fällt aus den unterschiedlichsten Gründen nicht leicht. Natürlich gibt niemand gerne zu, wenn etwas nicht so gut läuft. Sei es beruflich oder privat. Das ist auch kein Wunder, denn wir haben es einfach nicht gelernt. Ich glaube, dass vieles an unserer deutschen Mentalität liegt. So wie wir aufgewachsen sind, so wie wir erzogen wurden, so wie das Schul- und Ausbildungssystem uns geprägt hat. Wir sind auf Leistung getrimmt und nur dann etwas wert. Scheitern ist hierzulande leider immer noch verpönt. Dabei helfen Rückschläge, sich weiterzuentwickeln und voranzukommen.

Allen anderen geht es gut, warum mir nicht?

Wenn man sich in den sozialen Netzwerken umschaut, sieht es so aus, als ob bei allen anderen immer die Sonne scheint. Ehrlich gesagt geht mir diese Scheinheiligkeit manchmal ganz schön auf die Nerven. Niemandem geht es immer gut. Trotzdem glaube ich, dass man hier differenzieren und schauen muss, wofür die Leute stehen, die etwas posten. Schließlich wollen wir unsere Leser (also euch) auch mit positivem Content begeistern und ihnen bzw. euch eine Auszeit vom Alltag bieten. Das geht natürlich nur, wenn wir selbst positiv sind. Und da sind wir wieder an dem Punkt. Wie schaffen wir es, trotz vieler Herausforderungen Zuversicht zu verbreiten? Indem wir ehrlich mit Erfolgen und Rückschlägen umgehen. Das tun wir allerdings für uns selbst und nicht unbedingt in der Öffentlichkeit. Aber vielleicht sollten wir lernen, auch damit offener umzugehen. Schließlich wird in unserer Gesellschaft viel zu viel totgeschwiegen, und das hilft niemandem.

Also, wo fange ich an?!

Am besten beginne ich mit einem kurzen Resümee seit unserem Umzug nach Nordfriesland. Mit dem Umzug hat sich für uns vieles zum Positiven verändert. Wir waren angekommen und konnten anfangen, unsere Ziele und Wünsche zu leben, sowohl beruflich als auch privat. Das eigene Haus in Küstennähe, das Atelier, selbstbestimmt arbeiten und so weiter. Alles lief sehr gut. Ganze zwei Jahre und dann kam Corona. Corona hat uns am Anfang alle in eine Schockstarre versetzt. Keiner wusste so richtig, wie es weitergehen sollte. Wie schon in einigen Beiträgen zu Beginn von Corona geschrieben, bedeutete es für uns, dass wir das Atelier nicht öffnen durften. Dabei hatten wir uns gerade im Winter zuvor ein neues Konzept überlegt und mit der Erweiterung des Sortiments begonnen. Statt freudestrahlend zu eröffnen, mussten wir gleich wieder schließen. Wir erinnern uns noch gut an den Freitag, an dem unser E-Mail-Postfach mit Absagen von Foto- und Beratungsaufträgen überschwemmt wurde. Was nicht abgesagt wurde, wurde auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Das hat uns natürlich gelähmt. Vor allem auch, weil die Zeit mit Corona gezeigt hat, dass wir als Soloselbständige in unserem Land nicht zählen. Man hatte uns buchstäblich nicht auf dem Zettel, obwohl wir, die Kleinunternehmer, nicht selten das eigentliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind. Zumindest darf man das heute – drei Jahre später – oft lesen.

Was von außen auf uns einwirkte, konnten wir nicht ändern, aber wir versuchten, das Beste daraus zu machen. So haben wir die Zeit irgendwie überstanden und uns noch einen Traum erfüllt. Wir haben die Zeit genutzt, um unsere eigenen Bücher zu veröffentlichen. Das hat uns motiviert und neue Zuversicht gegeben.

Leider ereilte uns in dieser Zeit ein weiterer Rückschlag, nämlich die Lungenembolie von Ralph. Das war ein echter Einschnitt in unser Leben. Das hat wirklich alles auf den Kopf gestellt und wirkt in mancher Hinsicht bis heute nach. Gott sei Dank ist alles gut ausgegangen, aber wir mussten uns neu finden. Als Paar und beruflich. Das war sehr herausfordernd, ist uns aber gut gelungen. In dieser Zeit haben wir auch die ersten Schritte unternommen, um den ehemaligen Blog und das heutige Magazin von MeerART und das Atelier zusammenzuführen. Das war längst überfällig, aber im normalen Alltag fehlt oft die Zeit für solche Schritte und Überlegungen. Auch die Pandemie ging langsam zu Ende und wir waren wieder voller Zuversicht.

Von einem Schlamassel ins nächste

Was soll ich sagen? Dann kam der Krieg und mit ihm ganz neue Herausforderungen. Neue Sorgen und Ängste erschütterten unser aller Weltbild. Es folgten die Energiekrise und die anhaltende Inflation. Was das bedeutet, brauche ich niemandem zu erklären. Wir alle spüren es im Portemonnaie. Jeder Cent wird dreimal umgedreht, bevor er ausgegeben wird. Von euch, von uns. Bis auf wenige Ausnahmen sitzt das Geld einfach nicht mehr locker. Das spüren wir natürlich auch im Atelier. Ganz ehrlich, das demotiviert ungemein und macht uns natürlich sehr traurig. Und ein Ende ist so schnell nicht in Sicht. Auch wenn es noch genug Menschen gibt, die sich keine Sorgen um ihr Auskommen machen müssen, ist die Grundstimmung negativ. Viele sind überfordert mit dem, was in der Welt passiert. Kein Wunder, in den Nachrichten gibt es nur negative Meldungen, nichts, was motiviert.

Neulich habe ich einen spannenden Artikel gelesen, in dem beschrieben wurde, dass wir Menschen nur sechs Wochen am Stück negative Nachrichten ertragen können. Danach schalten wir auf einen Schutzmechanismus um und blenden die Dinge aus, die uns Angst und Sorgen machen. Manche schotten sich ab, andere verfallen in Süchte wie Alkohol, Drogen oder Spielsucht. Nach drei Jahren Pandemie, Krieg und Inflation ist es kein Wunder, dass wir Menschen in depressive Stimmungen verfallen. Umso wichtiger sind jetzt Zuversicht und Optimismus. Und das Gute ist, dass man das lernen kann, indem man nicht immer nur das Negative sieht, sondern auch das Positive, das man aus solchen Situationen für sich ziehen kann.

Das geht nicht von heute auf morgen, aber es geht. Manche schaffen es, sich selbst zu motivieren, andere brauchen Hilfe und das ist auch okay. Ich schreibe das, weil auch uns manchmal die Frustdecke auf den Kopf fällt. Natürlich denken wir dann auch oft, warum passiert das ausgerechnet uns. Nein, es passiert jedem und wir alle haben die Möglichkeit, wieder aufzustehen. Uns hat es, wie ihr vor kurzem lesen konntet, wieder geholfen, MeerART zu formen und von einem freien Projekt zu einem kleinen Unternehmen mit mehreren Standbeinen umzustrukturieren. Beruflich fühlt sich das sehr gut an.

Aber nicht nur beruflich, auch privat kommt viel auf uns zu. In einem alten Haus gibt es ständig irgendeine Überraschung oder wie in diesem Jahr als unser Auto einen wirtschaftlichen Totalschaden hinlegte. Das alles passiert immer dann, wenn man es so gar nicht gebrauchen kann. Und so kommt eins zum anderen und bringt das Fass der Sorgen und Ängste zum Überlaufen. Dazu sind wir in einem Alter – so blöd das klingt -, in dem sich das eine oder andere Wehwehchen einstellt. Man macht sich Gedanken um die eigene Gesundheit oder um die der Eltern, die nun auch ihr Gesundheitspaket zu tragen haben. Ich persönlich befinde mich seit einiger Zeit in den Wechseljahren – auch so ein Tabuthema in unserer Gesellschaft – und habe damit mächtig zu kämpfen. Aber es hilft, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und sich zu informieren. Dann fühlt man sich nicht mehr so hilflos und bekommt die Zuversicht, dass auch diese Phase irgendwann zu Ende geht.

Was ich mit diesem Beitrag sagen will, ist, dass wir keine Lösung von außen erwarten können. Nur wir selbst können das Steuer in die Hand nehmen und versuchen, die Kurve zu kriegen. Wir müssen uns selbst hinterfragen und nach Lösungen suchen. Auch wenn man sich manchmal nicht vorstellen kann, warum es ausgerechnet mir passiert, am Ende führt es immer zu etwas Gutem. Und daran glauben wir auch in dieser derzeit so schwierigen Situation. In diesem Sinne, bleibt zuversichtlich. 😉

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4 Kommentare zu „Die Sache mit der Zuversicht“

  1. Claudia… das ist ein mutiger und ganz toller Beitrag, der uns aus dem Herzen spricht.
    Mutig, weil Du Dich nicht scheust Deine ureigenen Gedanken zu teilen und die Verlogenheit der sozialen Medien zu spiegeln.
    Toll, weil es genau das ist, was jeder in der Gesellschaft jetzt braucht – Mut und Zuversicht und keine Angst vor der Zukunft.
    Auch wir stehen im Moment vor vielen neuen Herausforderungen und versuchen uns täglich neu zu orientieren und zu sortieren.
    Deine Gedanken helfen sehr dabei.
    Vielen Dank und liebe Grüße, bis bald, Jens & Michael

    1. Ein herzliches Moin ihr Zwei,

      habt lieben Dank für euren wundervollen Kommentar, der auch mir/uns Mut macht, dass es richtig war diese Gedanken zu teilen. Unsere Welt ist schon komisch. Eigentlich schreien so viele Menschen nach Hilfe, weil es ihnen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gut geht, aber keiner möchte sich offenbaren. Was haben wir bloß alle für eine komische Erziehung genossen?!
      Dabei können wir Dinge doch nur am Schopf packen, wenn wir es ehrlich angehen. Wir sind dankbar für jeden Menschen, der sich aus der Deckung wagt und mutig ist, etwas zu verändern. Ganz gleich was es ist. Nur so geht Zuversicht.

      Euch senden wir ganz liebe Grüße,
      Claudia

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