Die Oberhafen-Kantine gerät erneut in Schräglage

Die Oberhafenkantine (1925 vom Wirt Hermann Sparr erbaut) im Quartier „Oberhafen“ in der HafenCity von Hamburg // Foto: MeerART

Das Orkantief „Xaver“ ist für die meisten Leute längst vergessen. Hamburg hat aus der Katastrophe von 1962 gelernt und ist bestens gerüstet für Sturmfluten. Geht man durch den Hafen, sieht man lediglich an der einen oder anderen Stelle noch etwas Strandgut, welches die Flut angespült hat. Doch auch heute gibt es Orte, an denen es (noch) keinen Schutz gibt.

An so einem Platz steht die traditionsreiche Oberhafen-Kantine. Sie wurde 1925 als sogenannte Kaffeeklappe im Hamburger Hafen, von Hermann Sparr eröffnet. Damals holte er seine Tochter Anita Haendel, mit zwölf Jahren aus der Schule, sie sollte in der Küche mit aushelfen. Daraus wurden 72 Jahre, in denen der Betrieb nicht ein einziges Mal unterbrochen wurde. Sie war und ist wohl die Seele des Hauses.

Selbst der Krieg konnte der Oberhafen-Kantine nichts anhaben, lediglich die Sturmfluten sorgten durch Unterspülungen für ihre derzeitige Schräglage. Doch gerade das macht die Oberhafen-Kantine so einzigartig. Nicht nur ein Stück Geschichte für Hamburg, sondern eine Lokalität mit Seele.

Schäden der Oberhafen-Kantine nach der Herbststurm „Xaver“ im Jahr 2013 // Foto: MeerART

Wenige Wochen nach dem Tod von Anita (Mai 1997) wurde die Oberhafen-Kantine wegen akuter Einsturzgefahr vom Ordnungsamt geschlossen. Im Jahre 2000 wurde das Gebäude von der Stadt Hamburg unter Denkmalschutz gestellt. 2002 kaufte der Hamburger Kulturinvestor Klausmartin Kretschmer das marode Gebäude, um drei Jahre später, mit den aufwendigen Sanierungsarbeiten zu beginnen. Nach neun Jahre Pause, eröffnete im April 2006 die Küche unter der Leitung von Christa Mälzer, Mutter von TV-Koch Tim Mälzer. Nachdem eine Sturmflut 2007 das Gebäude erheblich beschädigt hatte, beschlossen beide, das Lokal aufzugeben.

Schäden der Oberhafen-Kantine nach der Herbststurm „Xaver“ im Jahr 2013 // Foto: MeerART

Und genau das ist der Grund, warum wir diesen Aufruf starten. Viele gehen an alten Gebäuden vorbei ohne mit der Wimper zu zucken, aber das geht nicht. Menschen wie das Team um Sebastian Libbert haben es verdient, dass man ihnen hilft. Sie stehen nach der Sturmflut vor einen großen Katastrophe, die ihre Existenz bedeutet. Wirtschaftlich gesehen ist die Flut eine absolute Katastrophe.

Von der gegenüberliegenden Oberhafen-Galerie mussten die Mitarbeiter das Naturschauspiel mit ansehen. In so einem Moment fühlt man sich absolut machtlos und kämpfst nur noch mit den Tränen.

Schäden der Oberhafen-Kantine nach der Herbststurm „Xaver“ im Jahr 2013 // Foto: MeerART

„Das Wasser stand bis knapp unter die Fenster im Erdgeschoss“, sagt Sebastian Libbert. Sie konnten zwar alles, was von Wert ist, rechtzeitig in Sicherheit bringen, doch die Wassermassen waren, nicht mal durch die ganzen Sandsäcke, aufzuhalten. Was das bedeutet, haben wir auch mal am eigenen Leib erfahren. Du siehst wie es kommt und bis absolut machtlos. Das Wasser dringt plötzlich durch jede Ritze und du kannst es einfach nicht aufhalten. Es läuft und zwar unaufhörlich überall hin.

Der Holzfußboden ist ebenso wie die Decke im Untergeschoss völlig durchnässt. Alles ist aufgeweicht und kann auch bei den Wetterbedingungen nur schwer abtrocknen.

Schäden der Oberhafen-Kantine nach der Herbststurm „Xaver“ im Jahr 2013 // Foto: MeerART

Doch Aufgeben geht nicht, das würde die Seele des Hauses auch nicht wollen. Die Aufräumarbeiten sind im vollen Gange. Seit einiger Zeit führen die Mitarbeiter den Betrieb in einem Gebäude am Brandshofer Deich liebevoll fort. Mit dem geretteten Mobiliar aus der Oberhafen-Kantine wurde auch ein eigener Gedenkraum eingerichtet.

Gerade im Dezember ist aufgrund der geplanten Weihnachtsfeiern der wichtigste Monat. Darum hoffen die Mitarbeiter nicht nur auf die Unterstützung ihrer Stammgäste, sondern würden sich über weitere Reservierungen sehr freuen.

Schäden der Oberhafen-Kantine nach der Herbststurm „Xaver“ im Jahr 2013 // Foto: MeerART

In den kommenden Tagen soll das Gebäude entkernt und das Mauerwerk genauer untersucht werden. Mit größtem Einsatz und allen Kräften planen sie schon den Wiederaufbau, aber der finanzielle Aufwand ist nach so einer Katastrophe erheblich. Wenn alles gut gehe, können sie bis Ende März wieder am alten Standort in der HafenCity eröffnen.

Wer also die Oberhafen-Kantine bisher noch nicht kannte, hat jetzt die Gelegenheit. Mit zahlreichen Reservierungen könnt ihr alle helfen, dass der Betrieb bald wieder an gewohnter Stelle aufgenommen werden kann.

Reservierungen werden gerne entgegen genommen unter reservierung[at]oberhafenkantine-hamburg.de

Übrigens: Im Sommer 2009 baute der Künstler Thorsten Passfeld aus Fundholz, nur wenige Meter vom Original entfernt, in der Stockmeyerstraße eine 1:1 Kopie der Oberhafenkantine. Das Replik soll in Containern als Botschafter Hamburgs für Kultur und Nachhaltigkeit um die Welt reisen.

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