Warum wir die Stille brauchen

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Gestern Abend saßen Ralph und ich bei uns auf der Terrasse und genossen den lauen Sommerabend. Vor allem haben wir eines ganz bewusst genossen, die Stille. Aber warum ist die Stille so wichtig für uns?

In einer Welt, die immer hektischer zu werden scheint, klingt es fast wie ein Absurdum, dass man Stille hören kann. Zugegeben, diese Wortwahl klingt ein wenig merkwürdig, denn entweder ist es still und wir hören nichts oder es ist eben nicht still. Was ich vielmehr versuche damit zu sagen ist, dass wir, wenn unsere Ohren und unser Gehirn mal nicht permanent beschallt werden, die Stille ganz bewusst wahrnehmen können. Ganz einfach, weil eben nichts da ist, was davon ablenkt. Wir persönlich empfinden es sogar richtig als Balsam für die Seele.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

In meinem Beitrag „In der Stille liegt die Kraft“ habe ich schon viel darüber geschrieben, was Stille für uns bedeutet und wie elementar wichtig sie ist. Das merken wir sogar noch nach fast zwei Jahren Nordfriesland. So wie gestern Abend, als wir bei uns auf der Terrasse saßen und den Tag noch bei einem Gläschen Wein ausklingen lassen wollten. Das schöne am Dorfleben ist, dass deine Umgebung noch zur Ruhe kommen darf. Hier donnert nicht die nächste U- oder S-Bahn an deinem Haus vorbei – egal ob mit oder ohne Fahrgäste. Selbst der Verkehr auf den Straßen wird zum Feierabend merklich ruhiger, bis kaum noch ein Auto fährt. Die Menschen kehren heim zu ihren Familien und die Welt um dich herum wird in eine angenehme Ruhe getaucht.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Lärm macht uns auf Dauer krank

Mir wird das einfach deshalb so bewusst, dass selbst wir, die nun schon fast zwei Jahre in diesem Idyll leben dürfen, noch immer angetan sind von der Stille. Gerade gestern erst haben wir uns darüber unterhalten, wie erholsam das für Körper, Geist und Seele ist, wenn du nicht ständig von einem Lärmpegel umgeben bist. Natürlich ist es auch in einem Dorf nie wirklich ganz still, aber im Vergleich zur Stadt hast du viel mehr „Lärm“-Auszeiten. Die sind gerade in einer Welt, die sich ständig schneller dreht, so wichtig. Denn auch wenn wir uns privat und beruflich den neuen Technologien anpassen, die uns das Leben in vielen Dingen natürlich merklich erleichtern, bedeuten sie aber auch, dass wir kaum noch abschalten können. Irgendein Geräusch ist immer da und sei es nur ein leises Brummen, Surren oder Zischen, das auf Dauer eben auch stressen kann. Die ganzen neuen Technologien möchte ich auch überhaupt nicht schlecht reden, ganz im Gegenteil. Viel mehr möchte ich darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, sich Auszeiten zu gönnen und Stille im Leben, im Alltag zuzulassen.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Es hilft uns nicht nur dabei, dass wir uns erholen können, sondern wir nehmen natürliche Geräusche auf einmal viel intensiver und schöner wahr. Wie gestern Abend zum Beispiel, als wir auf der Terrasse saßen und den Tag noch bei einem Glas Wein ausklingen lassen wollten. Das Leben um uns herum wurde stiller. Es fuhr kaum noch ein Auto auf der Straße, da auch viele Nachbarn ebenfalls zur Ruhe gekommen waren. Ein leichtes Lüftchen streifte durch die Luft und ließ die Blätter der Bäume leise vor sich hin rascheln. Dank der Stille so wunderbar wahrnehmbar. Genau wie das letzte Treiben der Vögel – und damit meine ich nicht ihre Gesänge, kurz bevor sie sich zur Ruhe betten oder den Igel, der im Gegenzug für sich seinen Tag einläutete. Ganz unauffällige Geräusche, die du nur in der Stille wahrnehmen kannst und die in einer Stadt meist nicht mehr zu hören sind, weil sie von anderen – Menschen gemachten – Geräuschen überlagert werden.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Die Stadt kennt keine Stille

Genau diese andere Seite kennen wir von unserem vorherigen Wohnort nur zu gut. Ein Leben in der Stadt. Dabei gehörte Geesthacht noch zu den Kleinstädten und dennoch kam dieser Ort zu keiner Zeit mehr zur Ruhe. Wenn wir dort auf unserer Terrasse gesessen haben und den Tag bei einem Glas Wein ausklingen lassen wollten, dann haben wir oft unser eigenes Wort nicht verstehen können, weil wir ständig von irgendwem oder irgendwas beschallt wurden. Mit Ausspannen und zur Ruhe kommen hatte das so gar nichts zu tun. Im Gegenteil, diese ständige Lärmbelästigung hatte uns richtig nervös gemacht – zum Teil auch aggressiv, denn wir konnten ihr einfach nicht entfliehen.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Wenn wir uns dauerhaft in ein Umfeld begeben, in dem wir nicht zur Ruhe kommen können, dann bedeutet das für uns Menschen Stress. Genau das ist aber fatal, denn dieser ständige Lärm bedeutet nicht nur Stress, sondern wir werden auch immer nervöser, unkonzentrierter und fahriger. Hält dieser Zustand an, dann fühlt man sich richtig erschöpft und müde. Mitunter treten Schlafstörungen auf und es ist sogar nachgewiesen, dass ständiger Lärm bei Menschen oft für extremen Bluthochdruck sorgt. Das wiederum erhöht auch das Herzinfarktrisiko. Kurzum, wenn wir es nicht schaffen, uns wenigstens ein paar Minuten der Stille in unseren Alltag einzubauen, dann werden wir ganz einfach krank.

Warum ist Stille also so wichtig für uns?

Wenn wir Stille in unseren Alltag einbauen, dann hilft sie uns zu entspannen. Wir werden nicht nur ruhiger, sondern wir können uns wieder besser konzentrieren. Wir sind einfach aufnahmefähiger und belastbarer. Gemeint ist echte Stille, also nicht erneute Beschallung durch Entspannungsmusik. Das Meditieren soll ja besonders gut helfen, aber das habe ich für mich persönlich noch nicht hingekriegt. Mir hilft es aber oft, wenn ich meinen Gedanken ganz ungezwungen freien Lauf lasse oder ich einfach mal Löcher in die Luft starre. Wichtig ist nur, dass wir uns den bewussten Moment der Ruhe gönnen. Das kann ein stiller Raum sein oder einfach ein Spaziergang in der Natur. Ralph und ich machen das sogar ganz oft, dass, wenn wir spazieren gehen, wir einfach still dabei sind und mal nicht reden. Auch am Deich erleben wir viele Momenten der Stille, daher auch die Bilder für diesen Beitrag. 🙂

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Die Stille hilft uns dabei unsere mentalen Ressourcen wieder aufzufüllen. Das gelingt uns, wenn wir uns der Reizüberflutung, der unser Gehirn tagtäglich ausgesetzt ist, einfach mal entziehen. Die Reset-Taste drücken und Stille zulassen. Tun wir das nicht, dann leidet nicht nur unsere Aufmerksamkeit, sondern wir verlieren auch die Fähigkeit, komplexe Dinge zu durchdenken, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Je länger wir unserem Gehirn keine Auszeit gönnen, desto müder und unmotivierter werden wir und desto schneller lassen wir uns ablenken.

Meerzeit und Durchatmen an der Küste bei Dagebüll // Foto: Ralph Kerpa

Für kreative Menschen wie uns ist die Stille sogar noch aus einem ganz anderen Grund wichtig. Sie hilft uns dabei wieder kreativ zu werden. Mir persönlich geht das auch beim Schreiben so. Meine Texte könnte ich allesamt nicht so verfassen, wenn ich mich nicht an einen Ort begeben würde, der Stille zulässt. In dem Moment, indem ich die Stille zulasse, kann ich auch auf Erinnerungen und Emotionen viel besser zugreifen. Mir gelingt es dann auch, mich in die Gedanken und in die Gefühlswelt anderer Menschen besser einzufühlen und sie zu verstehen.

Auch der schottische Philosoph Thomas Carlyle schrieb: „In der Stille werden die wahrhaft großen Dinge geboren.“

Darum, nehmt meinen/unseren Ratschlag an und gönnt euch in eurem Leben Momente der Stille und Achtsamkeit.

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10 Kommentare zu „Warum wir die Stille brauchen“

  1. Wie wahr und auf den Punkt gebracht. Ich habe diese Stille gerade auf Island erleben dürfen und war fasziniert darüber, dass man nichts, aber auch gar nichts hört außer vllt. Vogelgezwitscher, den Wind oder Wassergeplätscher, aber eben Naturgeräusche. Ich lebe in der Stadt und ja, „die Stadt kennt keine Stille“ – leider

    1. Moin Heike,

      ja leider. Um so bewusster sollte man sich kleine Auszeiten der Stille nehmen, damit man wieder Kraft tanken kann. Wie wichtig das ist, merken wir noch immer nach zwei Jahren NF. Wir dürfen die Stille erleben, merken aber auch, dass wir unsere Reserven noch lange nicht aufgetankt haben.
      Wir arbeiten daran.

      Island muss übrigens traumhaft sein.

      Liebe Grüße,
      Claudia

  2. sehr schön geschrieben und so wahr. So kann man einfach die Natur geniessen und wieder ein Stück zu sich selbst finden, auch auf Tour im Norden. Zumindest geht es mir so. Euch ein schönen Wochenende.

    1. Moin Heide,

      lieben Dank. Da hast du absolut Recht und wer den Norden und das Meer liebt, ist hier natürlich genau richtig, um Stille zu genießen.

      LG und ebenfalls ein schönes WE.
      Claudia

  3. Moin du Liebe
    Mit diesem Beitrag hast du mich mal wieder erreicht. 😉
    Wir haben das Glück zentrumsnah aber dennoch ruhig leben zu dürfen – was mir nach dem lärmüberfluteten Leben vor unserem Umzug unheimlich gut tut. Ruhe oder besser noch Stille sind unverzichtbar für die innere Balance und Gesundheit. Ich bin viel empfindlicher gegen Lärm jeglicher Art geworden seit wir hier sind und es macht mir nicht das geringste aus, dass hier am Abend „nichts mehr los ist“. Im Gegenteil :-))
    Zur Ruhe kommen ist so unglaublich wichtig, denn nur dadurch kann man sich innerlich weiten und Neues entstehen lassen. Da bin ich absolut bei dir.
    Möge die Kreativität durch die Stille in dir wachsen.

    Lieber Drücker von der Schlei
    Sabina

    1. Moin du Liebe,

      das freut mich. Solche Themen liegen mir ebenfalls am Herzen. Von daher wird man in dieser Richtung wohl bald mehr lesen.
      Ja, ich weiß was du sagen willst. Auch wir sind unheimlich empfindlich geworden was Lärm angeht. Wie tief das sitzt fällt mir auch immer an Abenden wie dem beschriebenen auf, denn ich glaube, so lange uns die Stille immer noch so bewusst ist, brauchten unsere Akkus auch noch jede Menge davon, um wir auftanken zu können. Stille ist wirklich so wichtig und wir genießen sie in vollen Zügen. Daher gehen wir auch so gern am Deich spzazieren, denn da ist ebenfalls nichts was stört, außer Wind, Schafe und Vögel. 😉

      Habt ein zauberhaftes und stilles Wochenende.
      Liebe Grüße,
      Claudia

  4. Sehr gut geschrieben, genau so empfinde ich das auch. Noch wohne ich in der Stadt, zwar am Rand in Waldnähe, aber hier ist es auch nie still.

    1. Moin Rebekka,

      ich danke dir. Ich weiß was du sagen willst. So erging es uns vorher auch. Um so mehr genießen wir es, dass ihr die Bürgersteige ab einer gewissen Uhrzeit ganz einfach hoch geklappt werden.

      Ganz liebe Grüße von der ruhigen Westküste,
      Claudia

  5. Das geht uns genauso. Manchmal werde ich nachts wach, weil da nichts ist kein Geräusch, einfach nichts. Das tut so gut und ist für uns, als Balance zur Großstadt ein Segen. LG aus dem Süden Frankreichs

    1. Moin Sandy, 🙂

      ja, das geht mir manchmal auch so. Dann denke ich immer mal wieder an die Zeit zurück, als ständig irgendein Lärmpegel in der Nacht zu hören war und freue mich, dass es hier anders ist.

      LG aus dem hohen Norden in den Süden.
      Claudia

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